begeistert im Wormser mit Stück von David Seidler Worms. Das Ensemble der Kempf Theatergastspiele, das nach Wiederaufnahme des Stücks unter Regie von Christoph Brück in Worms Premiere hatte, wurde mit stehenden Ovationen gefeiert. Vor allem Herbert Schäfer als Bertie und Steffen Wink als Lionel Logue leisteten Großartiges. Auf ihre spannungsreiche Beziehung, dargestellt in einem facettenreichen Spiel, konzentrierte sich das ganze Geschehen. Wormser Zeitung, 28.01.2016 |
brillieren in Haiger mit großer Schauspielkunst Intensiv, emotional, ironisch und manchmal auch herrlich komisch war die Aufführung von David Seidlers Schauspiel. [...] Herrlich despektierlich und wundervoll kauzig erfüllte Steffen Wink die Figur des Lionel Logue, der Albert kumpelhaft Bertie nannte, mit Leben. Herbert Schäfer spielte den späteren König George VI. mit großer Bravour und einer wahrhaft königlichen Leistung. Dillzeitung, 01.02.2016 |
Mitreißende Aufführung des Dramas „Die Rede des Königs“ Bad Arolsen. Wer den Film „The King's Speech - Die Rede des Königs“ schätzt, dürfte an der Theaterversion des Stücks in der Fürstlichen Reitbahn seine helle Freude gehabt haben. Ein verkrachter australischer Schauspieler hilft einem englischen Thronfolger wider Willen, sein Stottern zu überwinden - so kurz lässt sich der Inhalt des Schauspiels von David Seidler zusammenfassen. Dass der Reiz dieser (wahren) Geschichte in der Ausarbeitung der gegensätzlichen Charaktere liegt, hat bereits die enorm erfolgreiche Verfilmung des Schauspiels von David Seidler gezeigt. Auf der Theaterbühne zählen indes noch andere Qualitäten. Ohne aufwendige Ausstattung, ohne Buckingham Palace, Oldtimer-Automobile oder die beiden Prinzessinnen Elizabeth und Margaret ist es allein an den wenigen Darstellern, dem Publikum Dramatik und Triumph von „The King's Speech - Die Rede des Königs“ zu vermitteln. Dass dies gelingt, ist einer rundherum ausgezeichneten Inszenierung durch die Theatergastspiele Kempf zu verdanken. Alles ist stimmig: vom Bühnenbild über die gezielt eingesetzte Musik bis zu den Darstellerleistungen. [...] Der Zuschauer leidet mit „Bertie“, wie Albert von seiner Frau Elizabeth genannt wird, wenn sein autoritärer Vater (in Uniform und Reitstiefeln) ausgerechnet das „Zeitalter des Mikrofons“ propagiert oder - als Zeitkolorit und krasser Kontrast zu Alberts Stottern - Fetzen einer gebrüllten Hitler-Rede durch den Saal donnern. „Wir sind die älteste und erfolgreichste Firma der Welt, auf dem Thron zu sitzen ist unser Business“, hält König George V. gnadenlos seinem Sohn vor. Höchst widerwillig und von Wutausbrüchen begleitet, begibt sich Albert schließlich in Behandlung bei Lionel Logue. Dessen Geschichte, seine Ehe, die berufliche Erfolglosigkeit und vorerst fehlgeschlagene Emigration nach England, steht auf der Bühne weit mehr im Vordergrund als in der Leinwandversion. Der lebenslustige und höchst exzentrische Logue (koboldhaft und unerschrocken: Steffen Wink) bildet einen herrlichen Kontrast zu seinem steifen adligen Patienten. Mit immer neuen Ideen bringt er die Zuschauer zum Lachen und „Bertie“ zum Auftauen, indem dieser herzhaft fluchen, aus dem Fenster schreien oder aber mit Gemahlin Elizabeth auf dem Brustkorb Atemübungen machen muss. Für eine ordentliche Portion schwarzen Humors lässt Regisseur Herbert Schäfer obendrein die beiden „Alten“ Winston Churchill und den Erzbischof von Canterbury wiederholt die royale Situation kommentieren. Genüsslich nehmen sie etwa den Skandal um Alberts älteren Bruder David aufs Korn, der nach dem Tod Georges V. zuerst König wird, um schon bald wegen seiner Liebe zur wenig standesgemäßen Amerikanerin Wallis Simpson abzudanken. Der Konflikt um die Thronfolge spitzt sich zu, und zwischen Therapeut und „Bertie“, später König George VI., fliegen ordentlich die Fetzen, bis Letzterer auch seine schwerste Aufgabe mit Bravour meistert: die Rundfunkansprache an die Nation nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs zu halten. Waren die Zuschauer, gleichsam mit „Bertie“, im zweiten Teil der Aufführung deutlich aufgetaut, gab es am Ende kein Halten mehr. Stehender Applaus, Getrappel und begeisterte Pfiffe hallten durch den Saal, zumal für die grandiosen Hauptdarsteller, denen ihre Bühnenrollen die Gelegenheit gaben, ihr schauspielerisches Potenzial voll auszuschöpfen. Von Sandra Simshauser – Waldeckische Landeszeitung, 27.01.2015 |
Weinheim. Mit angehaltenem Atem lauschte das Publikum in der voll besetzten Stadthalle am Donnerstagabend der Rede von König Georg VI. zum Kriegseintritt Englands gegen Deutschland im Zweiten Weltkrieg. "The King’s Speech" war der dramatische Höhepunkt eines an schauspielerischen und dramaturgischen Höhepunkten reichen Theaterabends. Das gleichnamige Schauspiel um den stotternden König - das auch als Kinofilm ein Erfolg war - für die Besucher ein Abend der Erkenntnisse. Erstens war der Film gegenüber dem Theaterstück eine weichgespülte, royale Seifenoper und zweitens wurde man als Theater-Zuschauer mehr in das Geschehen hineingezogen und litt mit dem in seiner königlichen Unnahbarkeit gefangenen König, der panische Angst vor jeder öffentlichen Rede hatte. Das Stück ist nicht nur die Geschichte eines königlichen Stotterers, sondern bietet sowohl einen drastischen Einblick in die kaltherzige, viktorianische Kindererziehung im Königshaus und die kühle und abgehobene Entfernung der königlichen Familie vom Volk als auch in die Machenschaften der Taktiker in Adel, Politik und Kirche, die den König als ihre Marionette betrachteten. Diese Einblicke wusste der Regisseur Herbert Schäfer eindrucksvoll umzusetzen, indem das Leben des Königs und des Sprachlehrers wie in parallelen Welten zu laufen schienen. Hier der König, der, wie an unsichtbaren Fesseln gehalten, mit eckigen Bewegungen und zu Fäusten verkrampften Händen Abstand zu jedem anderen Menschen hielt: "Bitte nicht zu nah! Wir sprechen niemals über Privates." Und dort der australische Sprachlehrer, seinerseits gescheitert im Beruf des Schauspielers, doch genial in seinen neuen Methoden als Sprachlehrer. Die Frauen der beiden Männer spiegeln das Synonym für die Sprachlosigkeit zwischen Königshaus und Volk: Kein Händedruck, keine Ansprache. Die eine erstarrt in ihrer royalen Position, die andere bürgerlich und lebensfroh in ihrer Zweierbeziehung. Zwischen König und Sprachlehrer beginnt dagegen ein dramatisches Ringen um Augenhöhe und Einvernehmen, in dessen Verlauf der König von der Marionette zum Mensch und der Sprachlehrer vom Bediensteten zum Freund wird. In grandiosen schauspielerischen Leistungen setzten Götz Otto als Georg VI. und Steffen Wink als Sprachlehrer Lionel Logue diese Verwandlung in Szene. Dabei war bewundernswert, wie Otto obendrein die körperliche Anstrengung des gestotterten Textes bewältigte. Daniela Kiefer spielte perfekt die Königin. Mona Perfler überzeugte als liebevolle Ehefrau des Sprachlehrers. Markus Widmann war der eigenwillige Prince of Wales, der den Thron aufgab für eine Nichtadelige. Christian Claaszen, Harald P. Wieczorek und Marcus Widmann bildeten eindrucksvoll die intrigante Riege aus Adel, Politik und Kirche. Das Publikum spendete lang anhaltenden Beifall mit Bravo-Rufen. Von Ursula Rühenbeck – Weinheimer Nachrichten, 23.02.2015 |
Theatergastspiele Kempf zeigen im Bühnenhaus spannendes Schauspiel: „The King’s Speech - Die Rede des Königs“ Kevelaer. Es ist alles: tragisch und komisch, ernst und lustig, bedrückend und bezaubernd, was diese bis in die Nebenrollen wunderbaren Schauspielerinnen und Schauspieler da auf die Bühne bringen. Dabei könnte es in vielerlei Hinsicht peinlich werden, schließlich geht es ums Stottern, um Querelen am englischen Hof – und nicht zuletzt gibt’s eine ausgezeichnete (unter anderem mit vier Oscars) Filmversion des Stoffs. Doch was die Theatergastspiele Kempf aus dieser Vorlage des Autors David Seidler (der selber stotterte) machen, ist weit entfernt von einem Ritt auf der Erfolgswelle. Es gibt den Themen Raum auf der Theaterbühne und das hervorragende Ensemble fesselt mit Spielfreude und Ernsthaftigkeit gleichermaßen das Publikum von der ersten bis zur letzten Minute. Da sind natürlich in erster Linie die beiden Hauptdarsteller Götz Otto und Steffen Wink. Otto, ein Kerl wie ein Baum, gibt den Zweitgeborenen und späteren König, der es nie auf die Krone abgesehen hatte, äußerst differenziert. Da gibt’s ordentliche Wutausbrüche, denen er eine fast schon zärtliche Verzweiflung entgegenzusetzen weiß. Und er unterliegt nicht der Versuchung, die Zerrissenheit des Charakters als Sprungbrett für eine Überzeichnung zu nutzen. Steffen Wink gibt einen nach außen smarten Sprachlehrer, der immer einen Kniff für den König parat hat – sich selbst aber bei seiner angestrebten Schauspielkarriere nicht zu helfen weiß und kläglich scheitert. Dass sich zwischen diesen beiden Charakteren zwischen Disziplin und Aufbegehren, zwischen Hoffnung und Verzweiflung eine Männerfreundschaft entwickelt, die Probleme nicht ausblendet – so logisch hat das auf der Bühne noch kein Paar entwickelt. Die jeweiligen Damen (Daniela Kiefer, Mona Perfler) stehen den Herren in nichts nach und machen beide Charaktere liebevoll lebendig. Das gilt auch für das weitere Ensemble, das immerhin so anspruchsvolle Rollen wie den Britischen Premier, Winston Churchill, George V. oder den König von England zu geben hat. Die Rede zum Kriegseintritt am Ende des Stücks […] ist der Triumph eines Bühnenstücks, das bis dahin durch die ebenso plastische wie einfühlsame Inszenierung (Herbert Schäfer) und großartige Schauspielkunst den Boden bereitet hat für ein äußerst sehenswertes Stück Theater, mit dem die Theatergastspiele Kempf Kevelaer in der Vorweihnachtszeit beschenkt haben. Die Zuschauer im ausverkauften Bühnenhaus belohnten mit begeistertem Applaus. Von Michael Nicolas – Kevelaerer Blatt, 18.12.2014 |
Königsdrama „The King's Speech“ riss das Kehler Publikum mit / Hochkarätiges Ensemble. „Bravo, g-g-großartig, B-B-Bertie...“, hätte man lauthals schreien mögen. Bei der Aufführung von „The King's Speech“ am Montagabend in der Kehler Stadthalle fieberte das Publikum mit dem stotternden Albert, alias George VI., mit. Kehl. Die Geschichte vom sprachlosen Regenten, die als Film unlängst für Furore gesorgt hat, erweist sich trotz der Übermacht der Kinobilder allemal als bühnentauglich. Die 2013 mit dem Inthega-Preis ausgezeichnete Produktion „The King's Speech“ nach einem Schauspiel von David Seidler sorgte beim Kehler Publikum für berauschenden Beifall. Das biografische Drama hat einen historischen Hintergrund: Der britische Thronerbe (Vater von Königin Elizabeth II.) stotterte tatsächlich und wurde seinerzeit von Lionel Logue behandelt, einem Australier, der nach London gezogen war. Ursprünglich als Theaterstück geplant, wurde es allerdings auf Bitten von „Queen Mum“, Witwe von George VI., zurückgestellt. Erst einige Jahre nach ihrem Tod knüpfte Seidler an seine Vorarbeiten an und schrieb ein Theaterstück. Daraus wurde das Drehbuch für den Film, der 2011 vier Oscars gewann. Die zweistündige Bühnenfassung der Theatergastspiele Kempf lebt von einer geschickten Dramaturgie. Mit pointierten Szenen und treffsicher formulierten Dialogen kann die Spannung bis zuletzt aufrechterhalten werden. In einer eigenwilligen Mischung aus ausgefallenen Sprachübungen und Therapie entfaltet sich zwischen beiden Männern eine besondere Beziehung auf Augenhöhe. Wenn „Bertie“ seine Worte nicht sprechen kann, wird er von Logue aufgefordert, diese einfach zu singen. Zwischendurch gibt es manche skurrile Szene: Bei einer Atemübung muss sich der spätere Monarch auf den Boden legen und sich seine etwas schockierte Gattin auf seinen Bauch setzen, die dann mit dem Ein- und Ausatmen majestätisch hoch und runter schnellt. Aber auch Albert selbst offenbart eine humorvoll-englische Ader mit selbstironischen Be¬merkungen über sein Stottern. Zum großen Theater wird die Inszenierung letztendlich durch die schauspielerische Leistung des hochkarätigen Ensembles, darunter Daniela Kiefer als aristokratisch-steife, aber verständnisvolle Herzogin von York, sowie Mona Perfler (Lionels Frau), Christian Claaszen (Erzbischof von Canterbury), Harald P. Wieczorek (Winston Churchill) und Marcus Widmann (Premierminister). Hauptdarsteller Götz Otto spielt durch die Bank mit grandioser Hingabe. Bewundernswert, wie intensiv er die verkrampfte Anstrengung des von Versagensängsten geplagten Monarchen wiedergibt. Mit zu Fäusten geballten Händen ringt er immer wieder nach Luft und tastet sich dabei von Wort zu Wort. Die Angst vor den großen Auftritten steht ihm ins Gesicht geschrieben. Gleichzeitig behält die Figur des Regenten seine königliche Würde. Ironisch-provokative Art Steffen Wink, vielen bekannt aus populären Fernsehserien, steht dem Hauptprotagonisten mit seiner ironisch-provokativen Art kaum nach. Mit Überzeugungskraft verkörpert er den Sprachtherapeuten, der als einfacher Bürger und Verächter der Monarchie plötzlich einem Mitglied der königlichen Familie gegenübersteht. Obwohl er seinen Patienten mag und sich eine fast freundschaftliche Beziehung zu ihm einstellt, ist ein gewisser Abstand zum Adligen fortwährend zu spüren. Nicht zuletzt das überaus wandlungsfähige Bühnenbild von Thomas Pekny lässt Handlung und Dialoge in den Mittelpunkt rücken. Akustische Effekte und eingespielte Zitate geben den historischen Rahmen und lassen weitere Bilder im Kopf entstehen. Bewegend die Schlussszene, als George VI. vor das Mikrofon tritt und in einer Radioansprache Deutschland den Krieg erklärt — ohne zu stottern. Spätestens jetzt ist klar: „The King's Speech“ ist wirklich großes Kino — auch im Theater. Von Oscar Sala – Mittelbadische Presse, 04.12.2014 |
„The King's Speech" als schnelles Spiel im Theater der Obergrafschaft Einen glanzvollen Abend der Schauspielkunst erlebten am Sonntag die Zuschauer im Theater der Obergrafschaft. Gezeigt wurde die Bühnenfassung des Films „The King's Speech“. Das Publikum spendete zudem fast 1000 Euro an die Welthungerhilfe. Schüttorf. Es gehört viel Mut dazu, die Bühnenversion eines Films zu produzieren, der mit vier Oscars ausgezeichnet wurde. Bei „The King's Speech“ denkt man natürlich sofort an die grandiose Verfilmung von 2010 mit Colin Firth als stotternden britischen Thronanwärter und an Geoffrey Bush als dessen Sprachtherapeut. Trotzdem haben die Theatergastspiele Kempf es gewagt, das Drama von David Seidler auf die Bühne zu bringen. Und wer wagt, gewinnt: Schüttorf erlebte am Sonntagabend im ausverkauften Theater der Obergrafschaft einen glanzvollen Abend der Schauspielkunst. Das ist vor allem Hauptdarsteller Götz Otto zu verdanken. Sein unglücklicher, stotternder Herzog von York ist gefangen in seinen eigenen Konventionen und den Intrigen am englischen Hofe. Otto spielt dies anrührend, menschlich und fesselnd – ohne ins Kitschige oder Rührselige abzudriften. Sein Stottern ist so überzeugend, dass es im Theatersaal phasenweise totenstill ist, wenn „Bertie“ sich die Silben für eine Rede abringt. Auch seine Körpersprache drückt die Blockaden aus: der Rumpf versteift, die Hände werden zu Krallen. Die Zuschauer fühlen mit dem durch Vernachlässigung und grausame Erziehung geschädigten Herzog mit. Dabei überzeichnet Otto den späteren König George VI. nie – und lässt ihm so immer seine Würde. Dem blockierten Monarchen steht der freche australische Sprachlehrer Lionel Logue gegenüber, charmant gespielt von Steffen Wink. Auch er hat seine eigene Tragödie: Der geniale Sprachlehrer schafft es, seinem Schüler die Hemmungen zu nehmen, scheitert selbst aber immer wieder als Schauspieler beim Vorsprechen. Gerade die Erfahrung des Scheiterns verbindet letztlich aber dieses ungleiche Paar. Das übrigens auch optisch toll besetzt ist, wenn der 1,96 Meter große Götz Otto als Herzog sich den bohrenden Fragen seines mehr als 20 Zentimeter kleineren Kollegen Steffen Wink als Therapeut stellen muss. Durch ihre Frauen werden die Charaktere der Männer noch klarer gezeichnet: Daniela Kiefer als Georges Frau Elizabeth, die spätere Queen Mum. Sie ist royal kühl und zurückhaltend, liebt ihren George aber doch so, dass sie für ihn alle Konventionen über Bord wirft. Ihr gegenüber die liebenswerte und sich stets zurücknehmende Myrtle Logue, gespielt von Mona Perfler. Den Reiz erhält das Theaterstück übrigens auch wegen seiner Nähe zur Wirklichkeit. Autor David Seidler recherchierte akribisch und schrieb das Stück bereits 1980. Auf Bitte von Queen Mum, der Witwe Georges VI., sollte es aber erst nach ihrem Tod zur Veröffentlichung freigegeben werden. Daran hielt sich der Autor und ließ das Manuskript 22 Jahre lang ruhen. Ohnehin ist es erstaunlich, wie viel das Stück an englischer und europäischer Geschichte fast nebenbei erzählt. Die Ereignisse am Vorabend des Zweiten Weltkrieges werden im Takt von Herzschlägen ebenso kunstvoll eingearbeitet wie die Intrigen rund um die Thronfolge. Reden Adolf Hitlers und Musikeinspielungen ergänzen die intelligente Lichtregie. Der nicht standesgemäß verliebte eigentliche Thronfolger David, der machtgierige Erzbischof von Canterbury und der versöhnliche Premierminister Winston Churchill beleben die Szenerie am Rande. Das feine Bühnenbild (Thomas Pekny) mit Schiebetüren in grauweiß ermöglicht dem Ensemble, mühelos zwischen den Schauplätzen hin- und herzuspringen. Lichteffekte lassen mit kleinsten Mitteln immer neue Bühnenräume entstehen. So konzentriert sich alles auf die Schauspielkunst. Regisseur Herbert Schäfer inszeniert die Qual des stotternden Herzogs, König werden zu müssen, als ein schnelles Spiel mit hintergründigem Witz und bitterböser Ironie. Mehrfacher Szenenapplaus und viel Jubel am Schluss belohnten das engagierte Ensemble. Hauptdarsteller Götz Otto bat am Ende um eine Spende für die Welthungerhilfe, die damit in diesem Winter Flüchtlingsfamilien in Syrien, der Türkei und dem Nordirak unterstützen will. „Der König sagte in seiner Rede am Vorabend des Zweiten Weltkrieges ‚Dieser Krieg wird nicht auf die Schlachtfelder beschränkt bleiben‘. Das gilt leider auch heute. Humanitäre Hilfe muss ein elementarer Bestandteil jeglicher Kultur sein“, begründete Otto das Engagement des Ensembles. Fast 1000 Euro spendete das Schüttorfer Publikum am Sonntagabend. Wie schön, dass eine gute Idee so schnell und effektiv Hilfe bringen kann! Von Dagmar Thiel – Grafschafter Nachrichten, 21.01.2015 |
Beeindruckender Theaterabend in der Schwabenlandhalle bei „The King’s Speech“ von David Seidler. Das schlägt die Zuschauer von Beginn an in den Bann: Allein, prominent ausgeleuchtet, steht Götz Otto als Herzog von York und späterer König George VI. im Hintergrund der Bühne. Ein Hüne von einem Mann, fast zwei Meter groß, breitschultrig, doch was für ein jämmerlicher Anblick: mit hängendem Kopf, verkrümmtem Rücken, sich windend, verkniffen. Stotterer Prinz Albert, genannt Bertie, bringt fast nichts heraus: Seine erste Hörfunk-Rede 1925 im Wembley Stadion, Abschlussansprache der Empire-Ausstellung, gerät zum historischen Fiasko. Der Zuschauer in der Miete-Reihe des Kulturamts erlebt Bertie unmittelbarer als im gleichnamigen, mit Oscars gekrönten Film. Götz Otto hält die Figur ambivalent. Um Haltung bemüht, fällt sie aber doch in Sprache und Körpersprache immer wieder heraus. Aufgestauter Ärger und Wut brechen aus diesem verstörten Menschen hervor, während er seine adlige Arroganz wie zu einem Schutz vor sich her trägt. Es ist sehenswert, was sich vor dem einfachen Bühnenbild mit zwei Fluren und drei Türen abspielt. Der König wider Willen gewinnt bei einer unkonventionellen Sprachtherapie langsam und mit Rückschlägen an Selbstvertrauen. Gleichzeitig wird mit ein paar prominenten Figuren die Krise der britischen Monarchie und ihres Weltreichs in den Jahren von 1936 bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs skizziert. Das restliche Ensemble mit Daniela Kiefer als Elizabeth, Herzogin von York, Mona Perfler als Myrtle sowie Christian Claaszen, Harald P.Wieczorek und Herbert Schäfer in weiteren Rollen als Politiker oder Angehörige der königlichen Familie, verleiht den Charakteren überzeugend Konturen. Das Publikum im Hölderlinsaal, durch besonders viele Einzelkarten-Käufer stark angewachsen, spendete für die außergewöhnliche Leistung des Ensembles der Kempf Theatergastspiele unter Regie von Helmuth Fuschl einen lang andauernden Applaus mit jubelnden Rufen. Von Hans-Dieter Wolz - Fellbacher Zeitung, 20.02.2013 |
Es war eine Aufführung, die einen gefangen nahm. Die faszinierende Bühnenproduktion des Tourneetheaters Kempf zeigte im Rahmen des Theaterrings Aalen „The King’s Speech“ (Die Rede des Königs). Es wurde ein magnetisches Aufeinanderprallen von königlichem Pflichtbewusstsein und bürgerlichem Selbstbewusstsein, das den Vergleich mit der grandiosen Verfilmung nicht fürchten musste. Ein blankes Mikrofon, ein hochgewachsener Aristokrat und eine menschliche Tragödie. Bei der Abschlussveranstaltung der „British Empire Exhibition“ von 1925 soll Prinz Albert, Herzog von York und zweitältester Sohn von König Georg V. von Großbritannien eine Rede halten. In dieser Anfangszeit des Radios hängen Tausende von Zuhörern an ihren Hörfunkgeräten. Durch Alberts Nervosität und sein Stottern gerät die Ansprache zum Debakel. Auf Tuchfühlung erlebt das zahlreiche Publikum in der Aalener Stadthalle diese menschliche Tragödie erneut, klebt an den zaudernden Lippen dieses Mannes, dessen Worte nicht sein Inneres verlassen können, der sich voller Verzweiflung am Mikrofon festhält. Von Beginn an fesselt die eindrucksvolle Interpretation des Schauspiels „The King’s Speech“ von David Seidler. Selbst Stotterer, erzählt er mit diesem Werk die Geschichte eines Mannes dem es gelingt, aus seinem Schicksal auszubrechen. Prinz Albert legt sein Los in die Hände des australischen Sprechlehrers Lionel Logue, geht mit ihm durch das schmerzvolle Gestrüpp einer ganz besonderen Sprachtherapie. Vierzehn Jahre später hält der Royal, nun als King George VI, „The King’s Speech“. Er tritt vor das Mikrofon, um den Bürgern des britischen Empires mitzuteilen, dass Großbritannien Deutschland den Krieg erklärt. Er ist in der Lage, nur durch die Kraft seiner Worte dem Volk Zuversicht und Mut zu schenken. Die gelungene Inszenierung von Helmuth Fuschel konzentriert die Aufmerksamkeit ganz auf das Wesentliche, auf die Personen. Es ist Prinz Albert, der spätere König Georg VI. , der keine menschliche Wärme kennt. Hart und sachlich zum Funktionieren erzogen realisiert er „Wir sind keine Familie, wir sind eine Firma“. Bravourös verkörpert Götz Otto diese gebrochene aristokratische Kreatur, deren einziger Halt seine Frau Elisabeth ist, von Daniela Kiefer eindrucksvoll als Spagat zwischen Liebe und Disziplin dargestellt. Als Gegenpol agiert der verkrachte australische Schauspieler und sprachtherapeutische Autodidakt Lionel Logue. Steffen Wink lebt diesen Mann buchstäblich auf der Bühne, hemdsärmelig, sprunghaft, gnadenlos ironisch und vor allem selbstbewusst. So reiben sich zwei Charaktere, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Der eine nennt seinen königlichen Klienten kumpelhaft „Bertie“, der andere verweigert die ausgestreckte Hand und bittet um den geforderten Anstandsabstand. Obwohl die direkte sympathische Art von Lionels Frau (Mona Perfler) dieser fast absurden Männer-Beziehung voller Höhen und Tiefen nicht gerade hilfreich ist, befreit sich Seele und Sprache des Königs nach und nach aus einem Korsett. Zwischenrufartig verdeutlichen weitere politische Figuren den geschichtlichen Zusammenhang, schmieden Intrigen, führen kurzweilige Gespräche. Herbert Schäfer platziert den ungestümen Edward VII. sowie einen schleimigen Premierminister Baldwin. Christian Claaszen als perfider Erzbischof von Canterbury trifft auf einen taktierenden Winston Churchill (Harald P. Wieczorek). Doch über allem formt sich die wahre Geschichte einer ungewöhnlichen Männerfreundschaft, eindringlich, berührend und ach so menschlich als eine Visitenkarte großer Schauspielkunst. Von Christine Bausch - Schwäbische Post, 07.02.2013 |
Götz Otto und Steffen Wink als grandiose Hauptdarsteller in "The King´s Speech" Minden. Der Film "The King´s Speech" machte vor zwei Jahren Furore und räumte vier Oscars ab, unter anderem für Colin Firth als besten Hauptdarsteller. Die Latte liegt damit also hoch für die Produktion der Kempf Theatergastspiele, die am Montag im ausgebuchten Stadttheater Minden gastierte. Mit Götz Otto und Steffen Wink in den Hauptrollen konnte die Inszenierung restlos überzeugen. Ein Oscar für das beste Originaldrehbuch war 2011 auch an David Seidler gegangen. Der Brite hatte den Stoff allerdings ursprünglich für das Theater verfasst. Er war als Jugendlicher selber Stotterer und hatte darum im Radio die Ansprachen des englischen Königs George VI mit besonderem Interesse verfolgt. Bereits 1980 hatte er das Theaterstück geschrieben, doch Queen Mum bat ihn, die Geschichte erst nach ihrem Tod zu erzählen. So lag das Schauspiel zwei Jahrzehnte lang in der Schublade, Queen Mum starb 2002. Tom Hooper hatte 2010 mit dem Film die Nase vorn. Regisseur Helmuth Fuschl konzentriert nun seine Inszenierung ganz auf das Wesentliche, verzichtet auf alles Dekorative, sondern setzt allein auf die Macht dieser Geschichte. Und die bringen Götz Otto als Herzog von York und Steffen Wink als Sprachlehrer Lionel Logue hervorragend zur Wirkung. Charmant, offenherzig und mit der erforderlichen Portion Leichtigkeit und Frechheit stellt Wink den australischen Sprachlehrer dar. Götz Otto ist dazu der Widerpart, ganz der steife Monarch, der keine Gefühlsregung zeigen darf. Wie sehr er leidet, drückt Otto mit den Händen aus, die unablässig, zu Fäusten geballt, arbeiten, wenn er wieder daran scheitert, einen Satz ohne zu stocken über die Lippen zu bringen. Ganz langsam, Szene für Szene, lässt er Bertie (wie ihn Lionel respektlos nennt) ein bisschen mehr auftauen, bis er sogar in herzliches Lachen ausbricht. Diese beiden Welten prallen in dem auf schwarz-weiße Sachlichkeit im Bauhaus-Stil reduzierten Bühnenbild von Thomas Pekny aufeinander. Er begrenzt die Spielfläche an drei Seiten mit schwarzen Wänden, rechts und links jeweils mit einer weißen Doppeltür versehen, die zugleich raffinierte Lichtakzente setzt. Im Hintergrund eine große Schiebetür, die sich immer wieder für staatstragende Auftritte öffnet. Ein langes, flaches klapp- und drehbares Podest verwandelt den Raum und dient als Sitzgelegenheit. Im Gegensatz zum Film verzichtet der Lionel im Theaterstück ganz auf eigenwillige Übungen, sondern legt psychologische Mechanismen offen. Vervollständigt wird das Ensemble mit Daniela Kiefer als Herzogin von York, die sich mit Mona Perfler als Myrtle Logue ebenfalls einen kleinen unerfreulichen Zusammenprall der Kulturen liefert. Harald P. Wieczorek ist als Winston Churchill und mit einem Auftritt als König George V zu sehen. Christian Classzen verkörpert den Erzbischof von Canterbury. Herbert Schäfer spielt den Premierminister und auch den Prince of Wales, den eigentlichen Thronfolger, als egoistisches Ekelpaket, das keine Gelegenheit auslässt, seinen Bruder zu hänseln und zu demütigen Sie alle überzeugen in ihren Rollen, lassen in jeder Sekunde Theater-Magie entstehen. Das Publikum dankt mit lang anhaltendem Applaus. Von Ursula Koch - Mindener Tageblatt, 06.02.2013 |
VREDEN. Was für ein großartiger Theaterabend, als geniale Schauspieler fast authentisch einen tiefen Einblick in das Leben und die Querelen der britischen Monarchie gewährten und das Publikum im ausverkauften Theatersaal mit dem Schauspiel "The King's Speech" von David Seidler von der ersten bis zur letzten Minute in ihren Bann zogen. Gleich die erste Szene stellte das Kernproblem des Stückes dar, als dem Sohn des britischen Königs Georg V., wunderbar gespielt von Götz Otto, wegen seiner Sprechstörungen die Rundfunkrede misslang und er dafür von seinem Vater heftige Kritik einstecken musste. Seine verständnisvolle Ehefrau, die standesbewusste Herzogin von York, glänzend gespielt von Daniela Kiefer, die etwas von der Noblesse des Adels spüren ließ, meldete ihren Mann beim Sprachtherapeuten Lionel an, den Steffen Wink ganz toll verkörperte und seine schauspielerischen Talente in unterschiedlichen Facetten zur Freude der Zuschauer voll zur Geltung brachte. Von ihm muss sich Bertie, wie er im Kreise seiner Familie gerufen wurde, tief in die Seele schauen lassen und über seine unglückliche Kindheit, das Gehänseltwerden und über seine geistig behinderte Nanny erzählen. Lionel gelingt es, dass Albert mit Musikbegleitung den "Hamlet" flüssig auf eine Schallplatte sprechen kann und dadurch das Selbstbewusstsein des scheuen und sensiblen jungen Mannes gestärkt wird. Gegen seinen Willen König Als Georg V. stirbt und sowohl der Erzbischof von Canterbury (Christian Claaszen) als auch Winston Churchill (Harald P. Wieczorek) über die Nachfolge beraten, wird klar, dass sie den ältesten Sohn David, locker gespielt von Herbert Schäfer, als Edward VIII. wegen der Liaison mit einer geschiedenen Amerikanerin für fragwürdig halten. Als dieser nach kurzer Zeit abdankt, wird Albert auch gegen seinen Willen König Georg VI. Sofort bittet er seinen australischen Sprachtherapeuten um Hilfe, damit die Krönungszeremonie ohne Probleme ablaufen kann. Die muntere und liebenswerte Myrtle, Lionels Ehefrau (Mona Perfler), freute sich natürlich sehr, dass sie nun ein neues Kleid bekommt, weil sie bei der Krönungszeremonien der Westminster Abbey dabei sein darf. Stehende Ovationen Dann wurde es ganz still im Publikum, als in einer Einspielung der Originalton des deutschen Diktators vom Kriegsbeginn am 1. September 1939 zu hören war. Danach betrat Georg VI. in Offiziersuniform die Bühne; flankiert und unterstützt von seinem Freund Lionel, seiner Frau Elizabeth und den Politikern im Hintergrund probte er seine wichtigste Rede, die er zwei Tage später, einwandfrei und gefühlvoll, an das Vereinigte Königreich von Großbritannien richtete. Minutenlanger Applaus und stehende Ovationen ließen erahnen, dass dieses Schauspiel ebenso wie der gleichnamige Film der mit vier Oscars belohnt wurde, einen großen Preis verdient hat. Von Susanne Dirking - Münsterland Zeitung, 29.01.2013 |
"The King‘s Speech" ist ein mit vier Oscars prämierter Hollywood-Film – nach einem Schauspiel von David Seidler. Die Kulturvereinigung holte sozusagen das Original und ein ausgezeichnetes, wenn auch noch nicht prämiertes Ensemble auf die Bühne der Stadthalle. Limburg. Früher hatten Könige es einfacher – da reichte es noch, sicher auf dem Pferd zu sitzen, imposant auszusehen und dem Volk zuzuwinken. Nur Höflinge kamen nah genug an den König heran, um zu hören, was er sagt. "Jetzt müssen wir zu den Leuten ins Wohnzimmer kriechen", sagt König George V. Das Radio verändert die Welt, und es offenbart ein ganz persönliches Drama: Das Drama von Prinz Albert, des Herzog von York und zweitgeborenen Sohns des britischen Königs. Der ist Stotterer, ein zutiefst unsicherer Mensch, ein Außenseiter – weil er Mitglied der Royals ist und weil er nicht frei sprechen kann. Oder besser: Er kann nicht frei sprechen, weil er Mitglied der Royals ist. David Seidler hat aus dem Leben von Albert, Herzog von York, der König werden sollte, ein Schauspiel gemacht. Ein Stück über die Macht der Sprache und die Sprache der Macht, über einen Mann, der mühsam erkennen darf, dass auch er das Recht hat, gehört zu werden. Obwohl er stottert. "The King‘s Speech" erzählt die Geschichte von Prinz Albert, dem Zweitgeborenen, der 1936 zu König George VI. wurde, nachdem sein Bruder, Edward VIII., auf die Krone verzichtet hatte, um eine zweimal geschiedene Amerikanerin heiraten zu können. Dass Albert, der Verantwortungsbewusste, der bessere König wäre, bezweifelt nicht einmal sein Vater – aber er ist ja "nicht einmal in der Lage, unfallfrei Fish and Chips zu bestellen". Bis seine Frau einen Sprachlehrer für ihn findet. Helmut Fuschl inszeniert "Die Rede des Königs" als Kammerspiel. Das Bühnenbild reduziert auf das Wesentliche, Wände in Schwarz-, Weiß- und Grautönen. Und wenn sich eine Schiebetür öffnet, wird aus der Wohnung eines einfachen Mannes der Buckingham Palace oder die Westminster Abbey. Das spart Umbaupausen, regt die Fantasie an, ist eine Wohltat für die Augen und hilft dabei, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: die Menschen. Vor allem auf den einen Menschen, der einmal König wird, weil er es geschafft hat, seine persönlichen Grenzen zu überwinden. Götz Otto spielt den Herzog von York mit hochgezogenen Schultern, als gehemmten Mann, ganz klein – trotz seiner imposanten Größe. Er macht Albert zu Bertie, zum Menschen, ohne es menscheln zu lassen – und das ist große Kunst. Er erregt Mitleid in seinem Stottern, es macht Spaß, ihn "Fuck, Fuck, Fuck" schreien zu sehen oder "Zwischen zwei Zwetschgenbäumen zwitschern zwei Schwalben" rezitieren zu hören, es ist atemberaubend, wenn er spricht. Als er seinem Volk erklärt, dass Großbritannien nun in den Krieg gegen Deutschland ziehen müsse, ist in der Limburger Stadthalle kein Hüsteln zu hören. Und alle haben sich gefreut, als klar war, dass dieser einsame Mann in seinem Sprachlehrer auch einen Freund gefunden hat. Steffen Wink als Lionel Logue ist ein würdiger Widerpart. Er spielt den verhinderten Schauspieler und begnadeten Psychologen und Lehrer mit viel Esprit und fast immer einem Lächeln. Es macht schon Freude, diesen beiden dabei zuzuschauen, wie sie sich näher kommen – und so das Stück zu einem Lehrstück über die Macht der Freundschaft machen. Aber es ist noch mehr: "The King‘s Speech" ist das Psychogramm eines Mannes auf der Suche nach seiner Identität. Es ist eine Reflexion über die Monarchie und die Fallstricke der Politik, ein Historiendrama. Oder schlicht und einfach: ganz großes Kino. Von Sabine Rauch - Nassauische Neue Presse, 29.01.2013 |
„The King’s Speech“: ein Triumph der Schauspielkunst im Konzert- und Theatersaal Nordhorn. Das war die bislang beste Aufführung der Saison: ein Schlagabtausch voller Komik, Ironie und Emotion. Die Inszenierung von David Seidlers Schauspiel „The King’s Speech“ (1980) bewegte den gut besuchten KTS zu rhythmischem Applaus und stehenden Ovationen. Zu Recht: Die Schauspielkunst nicht nur der beiden Hauptdarsteller und die elegante filmische Regiehandschrift Helmuth Fuschls machten die Aufführung zu einem intellektuellen und am Schluss menschlich anrührenden Genuss. Sie stand dem beeindruckenden Film von Tom Hooper, der Seidlers Stück um den stotternden König George VI. erst ans Tageslicht befördert hat, in nichts nach. Was den Film an Realitätsintensität und Differenzierungsreichtum auszeichnet, das machte die Bühnenpräsenz an Hautnähe wett. Vor einer passenden kalt abstrahlenden und kontrastreichen Guckkastenkulisse aus Schwarz-weiß, Licht und Glas im Stile der Neuen Sachlichkeit (Thomas Pekny) agierten die beiden Kontrahenten König George VI. und sein australischer Sprechlehrer Lionel Logue, die man sich hinsichtlich Sozialniveau und Freiheit der Persönlichkeit unterschiedlicher kaum vorstellen kann. Götz Otto spielte den späteren König, der gezwungenermaßen seinen älteren Bruder David, den kurzzeitigen König Edward VIII., auf dem Thron ablöst, bravourös. Lieblos und hart erzogen, wegen seiner Stotterei verspottet, auf Pflichterfüllung getrimmt, durchaus nicht ins Rampenlicht drängend, ist sein einziger menschlicher Halt seine Frau Elizabeth: von Daniela Kiefer eindrucksvoll und nuanciert zwischen spröder Disziplin und liebevoller Zuneigung platziert. Von ihr arrangiert, lässt er sich auf einen letzten Versuch ein, sein Stottern, das ihm jede öffentliche Rede, zumal im Radio, zur bespöttelten Qual macht, zu überwinden. Er engagiert den unkonventionellen Sprechlehrer Lionel Logue, der eigentlich ein verkrachter Schauspieler ist, und wird in vielen Sitzungen, vom hohen Ross der Royals herabsteigend, von Lionel provoziert, in einen schmerzhaften Prozess der Selbstachtung und Selbstbefreiung hineingezwungen. Er lernt über die tiefen sozialen Gräben hinweg den Wert von Menschlichkeit und Freundschaft kennen und schätzen. Seine abschließende Rundfunkansprache an Nation und Empire, die er aus Anlass der britischen Kriegserklärung an Hitler-Deutschland am 3. September 1939 hält, war auf der Bühne – persönlich und politisch – ein berührender Triumph der Menschlichkeit und Pflichterfüllung. Ihm kaum nach stand Steffen Wink als Lionel, der hinter seinem betont bürgerlich selbstbewussten und provokanten Auftreten seine Existenznot und seine verletzbare Menschenwürde verbarg. Er macht es sich, trotz aller Rückschläge und trotz der Ablehnung durch die politischen Würdenträger, zur Lebensaufgabe, George VI. zu befreien. Wink gab den Lehrer vordergründig souverän, frei und entertainerhaft, seine Verletzlichkeit und Enttäuschung nur seiner Frau Myrtle offenbarend. Diese wurde von Mona Perfler liebevoll selbstbewusst und herzerfrischend gespielt. Um die kontrastierenden Paare herum tanzten die politischen Würdenträger das Spiel um das Ansehen und die zusammenhaltende Kraft der Krone. Hier ging es um Machterhalt, und da waren Ränke und Zynismen durchaus recht: Der königlich missratene David, König Edward VIII., der als unbekümmert privatisierender Springinsfeld sehr gut von Herbert Schäfer dargestellt wurde, musste wegen der Wallis-Simpson-Affäre vom Thron entfernt werden und Albert als George VI. inthronisiert. Die beiden begabten Machtintriganten Erzbischof von Canterbury (Christian Claaszen) und Winston Churchill (Harald P. Wieczorek) komplettierten den Reigen der Macht. Fuschls Inszenierung setzte auf Kontraste, harte Schnitte und sportiven Schlagabtausch, eine reizvolle Mischung aus viel Hirn und – an den richtigen Stellen – Herz. Von Bernd Durstewitz - Grafschafter Nachrichten, 17.12.12 |
Götz Otto und Steffen Wink begeistern in der Bühnenversion von „The King’s Speech“. Sankt Augustin. Trotz größter Anstrengung und dem verzweifelten Ringen nach Worten gelingt es dem Redner nicht, zusammenhängende Sätze zu formulieren. Vor dem hochgewachsenen, herrschaftlich wirkenden Mann steht ein Mikrofon aus der noch jungen Zeit des Radios. Die Zuschauer in der Aula des Rhein-Sieg-Gymnasiums werden gleich zu Beginn des Theaterstücks „The King’s Speech“ ebenso Zeugen einer persönlichen Tragödie, wie einst im Jahre 1925 Tausende von Zuhörern an ihren Empfangsgeräten. Bei dem beklagenswerten Redner, meisterlich gespielt von Götz Otto, handelte es sich um keinen Geringeren als Albert, Herzog von York, zweitgeborener Sohn des britischen Königs Georg V. Der Schauplatz des desaströsen Scheiterns um die zusammenhängende Wortwahl ist das Wembley-Stadion. Dort soll Albert die Abschlussrede zur Empire-Ausstellung halten, doch seit Kindertagen stottert und scheitert er bei solchen Aufgaben gnadenlos. Seine Gattin Elisabeth, die spätere „Queen-Mum“, gespielt von Daniela Kiefer, ist es, die ihm zu einer Sprachtherapie rät und den australischen Sprachlehrer Lionel Logue vorschlägt. Albert willigt ein. Damit ebnet er einen beschwerlichen, aber für seine unvorhergesehene Lebensphase als künftiger König entscheidenden Weg. Die Rolle von Logue hat auf der Bühne Steffen Wink inne. Die wahre Geschichte aus königlichem Hause fesselte vor Jahren Drehbuchautor David Seidler. Er recherchierte und traf den Sohn des verstorbenen Logue, der ihm mit Erlaubnis von Queen Mum die Aufzeichnungen seines Vaters während der Therapie von Albert überließ. Queen Mum verfügte allerdings, dass ein Theaterstück über den Leidensweg ihres verstorbenen Gatten erst nach ihrem Tod veröffentlicht werden dürfe. Das Schauspiel blieb deshalb 20 Jahre ungespielt – bis endlich der Filmregisseur Tom Hooper darauf aufmerksam wurde. Er machte daraus einen mehrfach preisgekrönten Kinofilm. Seidler erhielt im vergangenen Jahr einen Oscar für das beste Original-Drehbuch. Die Besucher erlebten im Rhein-Sieg-Gymnasium die von Regisseur Helmuth Fuschl inszenierte Aufführung. Es spielt das Ensemble der „Kempf-Theatergastspiele“ aus Grünwald bei München. Für die Hauptrollen engagiert sind bis zum kommenden März Götz Otto, der mit dem Film „James Bond 007 – Der Morgen stirbt nie“ seinen internationalen Durchbruch erlebte, und Steffen Wink, ein kaum minder bekannter Schauspieler. In den weiteren Rollen begeistern in Sankt Augustin Mona Perfler als Logues Ehefrau Myrtle, Harald P. Wieczorek als Georg V. und Winston Churchill sowie Herbert Schäfer als David, Prinz von Wales, und Premierminister Stanley Baldwin. Christian Claaszen übernimmt die Rolle des Erzbischofs von Canterbury. Freundschaft und Vertrauen „The King’s Speech“ ist vor allem ein Stück über Freundschaft und Vertrauen. Die ungleichen Männer Albert und Lionel tauchen fernab eingefahrener Konventionen und ihres gesellschaftlichen Standes ein in eine eigene Welt. Die Hauptdarsteller Otto und Wink verkörpern einfühlsam und treffend ihre Rollen und führen die Figuren schrittweise und zielsicher aufeinander zu. Die Inszenierung fesselt die Zuschauer vom ersten Moment an. Logue, der auf gesellschaftlicher Augenhöhe besteht, lässt Albert fluchen, schreien, singen. Er blickt dabei tief in seine Seele und steht ihm zur Seite, als Albert unerwartet als Georg VI. die Thronfolge anstelle des Bruders Edward VIII. antreten muss. Dafür gibt es am Ende tosenden Beifall. Von Iris Zumbusch - Kölner Stadt-Anzeiger, 9.12.2012 |
Fesselnde Story mit exzellenten Schauspielern So wird es der Großteil der Zuschauer in der Aula des Gymnasiums in Bad sicher auch wahrgenommen haben. Die Geschichte, die lange im Verborgenen schlummerte und erst durch den großen Kinoerfolg 2010 mit vier Oscars weltweit für viel Aufmerksamkeit gesorgt hat, ist eine, die unter die Haut geht. Der stark stotternde George VI., der Vater der regierenden englischen Königin Elisabeth II., ist die Hauptfigur des Theaterstücks unter der Regie von Helmuth Fuschl. David Seidler, der Autor des Schauspiels, ist selbst Stotterer und hat sich den König, der mühevoll sein Stottern zu beherrschen lernte, zum Vorbild genommen. Das, was Bond-Bösewicht Götz Otto, der smarte Steffen Wink und die anderen Akteure des Ensembles auch in Salzgitter auf die Bühne bringen, ist ebenfalls reif für eine Auszeichnung. Die Hauptrolle des von frühester Kindheit an stotternden Herzogs von York wird eindrucksvoll von Götz Otto verkörpert. Das Stottern wird von Otto ohne Übertreibung dargestellt. Mitleid erweckend quält er sich mit jedem Wort durch die Konversationen. An seiner Seite spielt Daniela Kiefer die kühle Herzogin von York. Sie sucht und findet für ihren verunsicherten Mann in dem australischen Sprachtherapeuten Lionel Logue alias Steffen Wink jemanden, der ihrem Mann helfen kann. Auf seine ganz unkonventionelle, unverblümte Art mit einem gehörigen Quantum Unverschämtheit schafft dieser es schließlich, dem stotternden Monarchen Selbstbewusstsein und Format einzuhauchen. Als nach dem Tode des Königs sich Alberts älterer Bruder und neuer König nicht standesgemäß verhält und abdankt, wird Albert zum König George VI. gekrönt. Die Krönungs-Zeremonie und die Radioansprache vor dem Hintergrund des Weltkriegs übersteht er mit der Hilfe des Sprachtherapeuten und neuen Freundes an seiner Seite. Das Publikum spendete kräftigen Applaus. Von Holger Neddermeier - Salzgitter Zeitung 9.12.2012 |
Lüdenscheid. Das erste Treffen zwischen „Bertie“, Herzog von York, und dem unkonventionellen australischen Sprachlehrer Lionel Logue verläuft alles andere als glücklich. „Bertie“, zweitgeborener Sohn des britischen Königs George V., ist konsterniert über die Vertraulichkeit, mit der ihn Logue beim Spitznamen nennt. Logue mokiert sich über die Steifheit des stotternden Königssohns. Dass aus der Begegnung, bei der „Bertie“ einen seiner berüchtigten Wutanfälle bekommt, eine lebenslange Freundschaft wird, erscheint alles andere als wahrscheinlich. Dennoch war es so – auf der Bühne und im richtigen Leben. Fesselnde Inszenierung Große Schauspielkunst erlebten die Kulturhausbesucher am Mittwochabend in David Seidlers Schauspiel „The King’s Speech – Die Rede des Königs“, in dem Götz Otto in die Rolle des Herzogs von York und Steffen Wink in die seines australischen Sprachlehrers Lionel Logue schlüpfte. Eine fesselnde Inszenierung (Regie: Helmuth Fuschl) bot das Ensemble der Theatergastspiele Kempf (Grünwald) vor gut besuchtem Haus. Standing Ovations gab’s für eindringliche, bestechend natürliche Darstellungskunst. Ohne zu übertreiben oder zu dick aufzutragen, brachte Götz Otto die Nöte des späteren Königs, der keiner sein wollte, auf den Punkt. Sehr feinfühlig zeichnete er dessen Wandlung vom gehänselten Stotterer, der bei seiner Abschlussrede der Empire-Ausstellung 1925 im Wembley Stadion kein vernünftiges Wort herausbrachte, zum Landesvater, der sein Vereinigtes Königreich auf den Krieg gegen Nazi-Deutschland einschwor, nach. Millionen Menschen hörten am Radio der einen wie der anderen Rede des Royals, der seinen Stolz überwand und in Lionel einen Freund auf Augenhöhe gewann, zu. Ein Handschlag, am Anfang undenkbar, besiegelte die Freundschaft zwischen den ungleichen Männern. Forsch legte Steffen Wink die Rolle des australischen Sprachlehrers an, der den Herzog mit seinen unkonventionellen Behandlungsmethoden mehr als einmal aus der Fassung brachte, ihn provozierte und ermutigte, ihm Selbstvertrauen und Glauben an die eigenen Fähigkeiten gab. Bei allem gewährte das Stück tiefe Einblicke in die Zeit und das Leben der königlichen Familie, strenge viktorianische Erziehung eingeschlossen. Der Tod Georges V., der Skandal um „Berties“ älteren Bruder Edward VIII., der wegen seiner Beziehung zu der zweifach geschiedenen Amerikanerin Wallis Simpson abdankte, und der sich zusammenbrauende Zweite Weltkrieg bildeten den Hintergrund des packenden, intensiven Spiels. Bei zeitlos gehaltenem Bühnenbild atmeten die Kostüme historisches Flair. Mit gemischten Gefühlen beäugten Daniela Kiefer als Elisabeth, Herzogin von York, und Mona Perfler als Myrtle, Lionels Frau, die wachsende Männerfreundschaft ihrer Gatten. Auf welch wackligen Beinen die Monarchie nach der Abdankungskrise um den ungestümen, frisch verliebten Edward VIII. (Herbert Schäfer) stand, belegten die Gespräche zwischen dem Erzbischof von Canterbury (Christian Claaszen), Winston Churchill (Harald P. Wieczorek) und Premierminister Baldwin (Herbert Schäfer). Von Monika Salzmann - 6.12.2012 - Der Westen |
"The King's Speech": Der Kinohit von 2010/11 ist eigentlich ein Bühnenstück. In Bayreuth zeigen es die Kempf-Theatergastspiele - eine konfliktreiche, auch komische Geschichte über den Verlust von Kindheit, Sprache und Macht. Bayreuth - Der wohl gewaltigste Phrasendrescher Europas bellt ins Mikrofon: Adolf Hitler brüllt, zetert und kläfft, um sein Volk willig in den Weltkrieg zu hetzen. "Er ist", gibt in London König George angewidert zu, "ein großer Redner." Er selbst ist nicht mal ein kleiner und müsste doch gerade jetzt voll Überzeugungskraft zu den Völkern seines Empires reden. George ist ein Stotterer: Wie soll einer, der Sprache nicht mächtig, Macht ausüben? "Im Augenblick der Gefahr", sagt George selbst, regiert in England "ein stimmloser König". Einer kann nicht heraus mit der Sprache: The King's Speech, die weltweit ausgestrahlte Rundfunkrede am 3. September 1939 zur Kriegserklärung gegen das "Dritte Reich", sie droht zum Desaster zu werden. "The King's Speech", das Theaterstück des Briten David Seidler über jenen historisch wie rhetorisch stockenden Moment, schildert das Dilemma von seiner weltpolitischen und seiner psychologischen Seite her. Man muss Tom Hoopers mit Oscars und weiteren Preisen überschütteten Film nicht kennen, um das ungewöhnliche Drama so beifallsfreudig zu goutieren wie, am Dienstagabend, das Publikum in Bayreuths gut besuchter Stadthalle. Für die Kempf-Theatergastspiele, auf Thomas Peknys Bühne - schwarze Wände, Türen zwischen Chromleisten, eine weiße, variable Bank oder Barriere - hat Helmuth Fuschl das Stück ohne Ausstattungsaufputz inszeniert: ganz auf die Figuren und ihre Beziehungen hin - ein wortreiches Schauspieler- und Sprechtheater über einen "Sprachfehler" und -verlust, der die Rolle eines Menschen in der Gemeinschaft, eines Monarchen in der Gesellschaft infrage stellt. Unter den mancherlei Beziehungen des Stücks vielleicht die engste und jedenfalls absurdeste: jene zwischen König George - der eigentlich Albert heißt - und dem Logopäden Lionel Logue. Nur eine stattliche Reihe erfolgreich behandelter Patienten, keine akademische Referenz kann der verkrachte Schauspieler und Autodidakt vorweisen. Noch dazu kommt er, der bürgerliche "Cowboy", aus dem wilden Australien: Buchstäblich hemdsärmelig führt Steffen Wink ihn vor, schlagfertig und ironisch, selbstbewusst und selbstgefällig, jedenfalls "bei Weitem zu vertraulich" für seinen royalen Klienten, den er betont familiär, allerdings auch freundschaftlich Bertie nennt. Ergötzlich - denn auch Amüsantes ereignet sich - sticht Lionels unantastbare Flinkheit von Alberts alias Berties alias Georges grauer Stocksteifheit ab. Verschlossen hinterm Schutzschild des Adelsstolzes stellt sich der hochgewachsene, dabei absichtsvoll unbeholfene Götz Otto dem Sprachlehrer vor; durch seine Zurückhaltung gibt der Schauspieler die Figur erst nach und nach zu erkennen als mühsam erwachsen gewordenes Ergebnis einer Kindheit voller Drill zur "Pflichterfüllung": als einen, der in jeder Hinsicht geradegebogen und gestreckt wurde. Im Innern blieben eine gebrochene Seele und eine Stimme zurück, die in Trümmern liegt. Was in ihm stockt und sich staut, platzt irgendwann als Wutanfall heraus. Wenn der König am Ende seine Sprache beherrscht und herrscherlich zu seinem Teil der Welt spricht, ist auch die Geschichte einer Freundschaft erzählt. Eindringlicher noch aber ist's die Geschichte vom Gewinn einer Freiheit, die sich nur herausnehmen kann, wer das Wort zu ergreifen vermag. Von Michael Thumser – Frankenpost 6.12.2012 |
THE KING'S SPEECH IN ISERLOHN Iserlohn. Aus der „königlichen Hoheit“ wird schon beim ersten Treffen ein freundschaftliches „Bertie“ – und das ist für einen einfachen Sprachlehrer im Umgang mit einem Mitglied der königlichen Familie natürlich eine absolute Frechheit. Gerade in dieser frechen Begegnung auf Augenhöhe und dem Bohren nach dem Menschen hinter Prinz Albert Frederick Arthur George, Herzog von York, liegt aber der Schlüssel, um den späteren König George VI. zu öffnen und von seinem Stottern zu befreien. In dem Stück „The King’s Speech“ von David Seidler, das am Samstag in der Produktion der Kempf Theatergastspiele im Parktheater Premiere gefeiert hat, geht es genau um diese Begegnung, um das Wachsen einer Freundschaft und um den Wandel, den der König durchmacht. Zu seinem Sprachlehrer kommt der Herzog von York als geradezu gebrochener Mann, von der strengen Erziehung eines Royals zermürbt, ohne jedes Selbstvertrauen, von der Familie verlacht und in Selbstmitleid über die eigenen Unzulänglichkeiten zerfließend. Er geht als aufrechter Mann, der sein Königtum voller Überzeugung annimmt. Und das, weil Lionel Logue weit mehr geworden ist als ein Sprachlehrer. Natürlich ist es ein höchst ungleiches Paar, das da Mitte der 30er Jahre in der Realität und nun gespielt von Götz Otto und Steffen Wink auch auf der Parktheaterbühne aufeinander traf. Auf der einen Seite Götz Otto, der seine Rolle sehr subtil anlegt. Ein stotternder König, der eine solche Wandlung durchmacht, lädt ja geradezu dazu ein, richtig dick aufzutragen. Das tut Otto aber ganz und gar nicht. Er feuert kein „K-k-k-k-k-k-k-önig“-Stottern ab, sondern begnügt sich mit einer weniger spektakulären aber sehr echt wirkenden Sprechweise mit unkontrolliert herausgepressten Wörtern und unnatürlichen Pausen. Und auch der Wandel seines Wesens vom unnahbaren Prinzen zum Freund und vom eingeschüchterten Außenseiter zum souveränen König wird hinter der gefassten Fassade des Royals, dem Emotionen aberzogen wurden, nur in feinen Nuancen spürbar. Auf der anderen Seite Steffen Wink, der den undistanzierten Sprechtrainer und gescheiterten Schauspieler aus Australien mit großer Geste spielen und die Freude an der Unverfrorenheit und der Respektlosigkeit gegenüber der Obrigkeit sowie überbordende Lebensfreude und draufgängerisches Lebenskünstlertum auskosten darf. Von dem Spannungsfeld dieser so ungleichen Charaktere, die gegen alle Widerstände zueinander finden, lebt das Stück. Und auch von dem Wortwitz, den das Aufeinandertreffen der beiden versprüht. Der Stoff – obwohl den meisten eher in der erfolgreichen Filmfassung ein Begriff – ist ursprünglich für die Bühne konzipiert worden und funktioniert dort auch dementsprechend gut. Man braucht keinerlei geschichtliche Vorkenntnisse oder genauere Einblicke in das englische Königshaus, um folgen zu können. Die flexible Kulisse ermöglicht es, problemlos zwischen den Schauplätzen hin- und herzuspringen. Regisseur Helmuth Fuschl hat die Handlung mit großem Tempo umgesetzt. Schlaglichtartig werden die zentralen Figuren eingeführt, die Intrigen rund um die Thronfolge werden in amüsanten Unterhaltungen wie nebenbei vorangetrieben. „The King’s Speech“ wurde schon vor der Premiere ein enormes Interesse zu teil. Das Publikum feierte die Premiere mit lang anhaltendem Jubel und stehenden Ovationen – ein gelungener Start für das siebenköpfige Ensemble, das den Applaus zusammen mit Regisseur Helmut Fuschl genoss. Von Ralf Tiemann – Iserlohner Kreisanzeiger, 03.12.2012 |