Theatergastspiele Kempf GmbH
Die Frau von früher
SCHAUSPIEL VON ROLAND SCHIMMELPFENNIG
Zum ersten Mal auf Tournee

Premiere am 17. Januar 2008 in Augsburg
19. Januar bis 20. März 2008
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"Die Frau von früher" zeigt das hässliche Gesicht der Liebe
Was als heitere Komödie beginnt, entwickelt sich zum Drama - TV-Stars glänzen im Brunnentheater

HELMSTEDT. Womöglich hatte der eine oder andere unter den Zuschauern im Helmstedter Brunnentheater eine typische Komödie erwartet und sich auf einen lustigen Krimi mit TV-Stars wie Leslie Malton, Felix von Manteuffel sowie Julia Jaschke, Alexander Wipprecht und Gundula Niemeyer gefreut. Und dann das: ein Schauspiel, mit einer interessanten, anspruchsvollen Regiearbeit.
 
Die Theatergastspiele Kempf zeigten das Stück von Roland Schimmelpfennig in einer Inszenierung des Grimme-Preisträgers Felix von Manteuffel. Was wie eine heitere Komödie begann, entwickelte sich schleichend aber unaufhaltsam zum Drama vom Ausmaß einer griechischen Tragödie. Frank und Claudia, seit 19 Jahren ein Ehepaar, packen. Gemeinsam mit Sohn Andi (überzeugend: Wipprecht) wollen sie nach Übersee ziehen. Ihre Ehe ist schon lange ohne Leidenschaft, sie ist zur Routine geworden. Doch Andi erlebt gerade mit Tina (erstklassig: Niemeyer) seine erste große Liebe und schwört ihr ewige Treue, obwohl er weiß, dass er sie nie wieder sehen wird. Es klingelt und Romy (großartige Bühnenpräsenz: Malton) gekleidet in provozierendem Rot, steht vor der Tür.
 
"Du hast mir vor 24 Jahren die ewige Liebe geschworen, deshalb sind wir immer noch ein Paar", erklärt sie den verdutzten Eheleuten. Mit dem unheilvollen Lächeln einer Medea fordert sie von Frank (von Manteuffel) die Einlösung des Liebesschwurs: Konsequent, kompromisslos und völlig von der Richtigkeit überzeugt. Frank sieht das ganz anders und Claudia (grandios: Julia Jaschke) reagiert hysterisch.
 
Das wohl unvermeidbare Verhängnis nimmt seinen Lauf. Ähnlich wie die Medea der griechischen Sagenwelt beseitigt "Die Frau von früher" die störenden Elemente ihrer Scheinwelt. Sie rächt sich brutal für die leeren Versprechungen: Sie bringt Andi um, nachdem sie ihn verführt und dadurch, ebenso wie seinen Vater, als Verräter überführt hat.
 
Durch ein präpariertes Geschenk verursacht sie Claudias qualvollen Feuertod. Dramaturgisch ist das Stück in kurzen Szenen, in Rück- und Vorblenden spannend angelegt. So tauchten immer wieder verschiedene Perspektiven und Stimmungen derselben Sequenzen auf. Die Vergänglichkeit der Liebe und das krampfhafte Festhalten an längst vergangenen Gefühlen wurden durch die intensive Darstellung der hochkarätigen Schauspieler förmlich spürbar. Felix von Manteuffel markiert einerseits den Ruhepol im Ensemble, und doch sind seine Wutausbrüche sowie die innere Zerrissenheit perfekt inszeniert. Das Stück hatte kein Happy-End, konnte es nicht haben.
 
Von Dagmar Völling, Braunschweiger Zeitung, 15.4.2010
 
   

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Erstklassige Theaterkunst mit TV-bekannten Stars

SIEGBURG. Was sich mit dem Stück "Die Frau von früher" jetzt auf der Bühne des Siegburger Kulturmekkas abgespielt hat, war erstklassige Theaterkunst. Das lag gewiss auch an den grandiosen Protagonisten, vor allem aber an der Ausdrucksstärke und dem Inhaltsreichtum, die Roland Schimmelpfennig seinem Stück einverleibt hat. Darin wird die bürgerliche Ehe von Frank (Felix von Manteuffel) und Claudia (Julia Jaschke) durch Romy (Leslie Malton) gestört, die nach 24 Jahren wie aus dem Nichts auftaucht, plötzlich vor der Haustür steht und das Versprechen der ewigen Liebe von Frank eingelöst haben will, das er in jugendlicher Wallung einst gab. Der Besucher hatte allerhand zu tun. Zum einen die zahlreichen Zeitsprünge, Rückblenden und Vorschauen, zum anderen die Botschaften zu verdauen und an sich vielleicht selbst die vielen Fragen zu richten, die das Stück stellte. Etwa die, ob Opportunismus oder Herz die entscheidenden Fragen des Lebens bestimmen sollen.
 
Das Ensemble rund um den Regisseur von Manteuffel, der in der Rolle des Frank zugleich den Antihelden und den Fiesling feinnervig mimte. war prädestiniert für die Zubereitung der schwarz-weißen Kost. Allen voran die herausragende Leslie Malton (Filme: "Der große Bellheim", "Renn, wenn Du kannst') als Romy, die zugleich zart, treu, stark und besessen war. Die Julia Jaschke als Claudia hatte die komplexeste Rolle, weil sie stets als Kontrapunkt oder Mahlstein der Gefühle zu agieren hatte. Den Spiegel musste sich das Publikum nicht vorhalten lassen, denn hierfür hat Schimmelpfennig Sohn Andi (Alexander Wipprecht) und dessen Freundin Tina (Gundula Niemeyer) in seiner Tragödie installiert, über denen sich der Trichter entleerte, in dem Liebessehnsucht, Missverständnisse und Spott zusammengelaufen waren. Auch diesen beiden gebührt Respekt, war doch einmal die freche Frische der Jugend zu vermitteln, ein anderes Mal der fatale Umgang mit Ahnungen, die lieber nicht eintreten sollten.
 
Von Peter Lorber, Rhein-Sieg-Rundschau, 17.4.2010
 
   

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Aus Liebe wird eine verhängnisvolle Affäre
"Die Frau von früher" begeistert das Publikum.

Monheim. Da steht sie plötzlich einfach so vor der Tür. Mit rotem Mantel, hohen Schuhen und siegessicherem Lächeln: "Die Frau von früher".
 
24 Jahre ist es nun her, dass Frank (Felix von Manteuffel) seine große Jugendliebe nicht mehr gesehen hat, längst ist er verheiratet und hat einen fast erwachsenen Sohn. Doch nun fordert Romy Vogtländer (Leslie Malton) das ein, was er ihr mit 24 Jahren versprochen hat: die ewige Liebe. Während Claudia (Julia Jaschke) die eifersüchtige und misstrauische Ehefrau gibt, spinnt Romy ihr Netz.
 
"Mir hat das Stück sehr gut gefallen, besonders die Dramaturgie und die Rückblenden - das habe ich vorher noch nie in dieser Art gesehen", sagt Michael Hufhus (53), der mit seiner Frau zu den Gästen zählt.
 
Zeitsprünge werden auf einer Leinwand sichtbar gemacht
 
Die Rückblenden sind wirklich einzigartig Eine kleine Leinwand zeigt dem Zuschauer die Zeitsprünge an, betrachtet werden die Wohnung oder ein Hügel in der Nähe des Hauses - geschickt dargestellt durch eine Drehwand. Parallele Handlungen können so originell miteinander verbunden werden. Mitunter entstehen amüsante Situationen. Als Claudia Frank zum dritten Mal eine Ohrfeige gibt, lacht die Aula bereits im Vorfeld.
 
Was zeitweise als ein lustig-leichtes Theaterstück erheitert, nimmt am Schluss dramatische Züge an. Denn Romy hat bereits für die Zukunft mit Frank vorgesorgt: Zuerst erwürgt sie Sohn Andy, dann lässt sie für Claudia ein Paket zurück, das in Flammen aufgeht. Die Schauspieler liefern eine Glanzleistung, besonders die perfekt gespielten Rückblenden überzeugen, so dass viel Applaus geerntet wird.
 
Von Svenja Scherer, Monheim, 29.3.2010
 
   

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Die grausame Rache der Ex
Gefeiertes Burgtheater-Stück wird in Taufkirchen gezeigt

Taufkirchen. "Mit wem sprichst du?" fragt Claudia ihren Ehemann Frank im Flur ihrer gemeinsamen Wohnung "Es ist niemand hier!" antwortet der. Doch als Claudia die Wohnungstür öffnet, steht da eine blonde Frau im kurzen roten Regenmantel. Was am vergangenen Sonntag im Ritter-Hilprand-Hof wie eine heitere Komödie begann, entwickelte sich schleichend aber unaufhaltsam zum Drama vom Ausmaß einer griechischen Tragödie.
 
Romy, die Frau im roten Mantel, ist gekommen, um das Liebesversprechen einzufordern, das Frank ihr vor 24 Jahren gab. Sie ist "die Frau von früher", so der Titel des Schauspiels, das 2004 am Wiener Burgtheater uraufgeführt wurde und seit Januar diesen Jahres als neue Produktion der Grünwalder "Theatergastspiele Kempf" zum ersten Mal auf Tournee zu sehen ist. Felix von Manteuffel hat das Stück inszeniert, er spielt auch die Rolle des Frank, den seine Vergangenheit einholt, just als er zusammen mit Ehefrau Claudia (Julia Jaschke) und gepackten Kisten in ein neues Leben nach Übersee aufbrechen will. Seine ganze Ehe mit Claudia scheint in diese Kisten im Wohnungsflur verpackt zu sein. Es ist ein Wendepunkt, in den jäh die längst vergessene Jugendliebe einbricht. "Wir waren ein Paar damals - und wir sind es noch heute", erklärt Romy (Leslie Malton) den verdutzten Eheleuten. "Damals hast du mir geschworen, dass du mich immer lieben wirst. Ich bin gekommen, um dein Versprechen einzulösen.", sagt sie dreist.
 
In kurzen Szenen, in Rück- und Vorblenden, spielt sich die Tragödie ab. Im Bühnenbild, einem Flur, befindet sich eine drehbare Kulisse mit dramaturgisch bedeutsamen Türen. So wird auch noch die junge Liebe zwischen Sohn Andi und dessen Freundin Tina (Gundula Niemeyer) in das Stück eingebaut. Während die Geschichte des Ehepaars in der Wohnung spielt, treffen sich Andi und Tina vor dem Haus, wo Tina gleich einem Chor in der antiken Tragödie das Geschehen erklärt, kommentiert und das Unheil herannahen sieht.
 
Unbeirrbar und eiskalt wie eine gefährliche Geisteskranke, die schaudern lässt, spielt Leslie Malton diese Romy, die von Frank verlangt, wieder da zu beginnen, wo 24 Jahre zuvor ihre Liebe sich verlor. Und egal, wie Frank sich entscheidet, für oder gegen die einstige Jugendliebe: Sein alter leichtfertiger Treueschwur macht aus ihm ein in Schuld verstricktes Opfer. Er soll seine Frau und seinen Sohn aus seinem Leben streichen, verlangt "die Frau von früher".
 
Felix Manteuffels Frank wird zum gebrochenen Mann, als er begreift, dass die Rache Romy zur Mörderin vom Kaliber einer Medea werden lässt. Die brachte ihre Kinder um, um sich am untreuen Ehemann zu rächen. Romy erstickt zuerst Andi (der ebenso leichtfertig Tina seine Liebe erklärt wie 24 Jahre zuvor Frank ihr) und dann per Brandanschlag die bis zuletzt um ihre Ehe kämpfende Claudia, um Frank für die von ihr empfundene Untreue zu betrafen. Hier brachten fünf authentisch agierende Darsteller in einer überzeugenden Inszenierung das Grauen auf die Bühne - und die Fragen nach Liebe, Schuld und Schicksal.
 
Von Roswitha Grosse, Süddeutsche Zeitung, 13.03.2008
 
   

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Anspruchsvolle Kost serviert
THEATER: Die Inszenierung und die ausgezeichneten Darsteller machten die "Frau von früher" in der Realschulaula zu einem Erlebnis

Auf der Zielgeraden der Saison 2007/2008 wurde den Theaterbesuchern noch einmal anspruchsvolle Kost serviert, die sicherlich im Nachhinein noch für viel Gesprächsstoff gesorgt hat.
 
Felix von Manteuffel inszenierte Roland Schimmelpfennigs Schauspiel "Die Frau von früher" sehr bewusst ohne Pause, was das Wermelskirchener Publikum nicht nur wegen der dadurch ausfallenden "Pausendebatten" überraschte. Aber die Richtigkeit dieser Regieentscheidung erweist sich im Rückblick auf packende anderthalb Stunden auch für den letzten Skeptiker als richtig.
 
Schwüre von ewiger Treue?
Die Bühne zeigt das typische Chaos eines fast beendeten Umzuges: Letzte Utensilien werden eingepackt, Lampen abgehängt und Kartons gestapelt. Frank (Felix von Manteuffel) und Claudia (Julia Jaschke), seit 19 Jahren verheiratet, verlassen die gewohnte Umgebung. Das missfällt vor allem dem Sohn Andi (Alexander Wipprecht), der gerade zum ersten Mal so richtig verliebt ist und dem nun die Trennung von Tina (Gundula Niemeyer) bevorsteht.
 
Schwüre von ewiger Treue? Die hat Felix vor 24 Jahren Romy (Leslie Malton) geleistet und "die Frau von früher" steht jetzt plötzlich in der Tür, um das einzufordern. Sie ist keine verbitterte alte Jungfer, sondern eine attraktive Schönheit, die kein Mauerblümchendasein hatte, aber jetzt die Einlösung des Schwurs fordert. Konsequent, kompromisslos und völlig von der Richtigkeit überzeugt.
 
Kein Platz für Schuldgefühle
Felix sieht das ganz anders. Aber das wohl realistisch unvermeidbare Verhängnis nimmt erst seinen Lauf, als Romy ganz mühelos Andi verführt und ihn damit indirekt des gleichen Verrates überführt, den Frank an ihr begangen hat, denn in den Armen der erfahrenen Frau löst sich die "unverbrüchliche Liebe" zu Tina auf.
 
Das ist Andis Todesurteil und als Frank nur halbherzig und ohne wirkliche Erinnerung an früher doch der Trennung von seiner Familie zustimmt, verlässt Romy ihn. Nicht ohne tödliche Geschenke zu hinterlassen.
 
Das Verblüffendste: Romys Geradlinigkeit ist nicht von berechnender Kälte geprägt, sie lässt überhaupt keinen Platz für Schuldgefühl.
 
Hohe Niveau der Saison bestätigt
Leslie Malton vermittelt das ganz wunderbar überzeugend und das für die Zuschauer besonders Befriedigende dieses Abends ist, dass es keinen auch schwächelnden Akteur in diesem harmonierenden Darstellerquintett gibt.
 
Anhaltender Beifall ist der berechtigte Dank dafür, dass einmal mehr das schon hohe Niveau der ausklingenden Saison bestätigt wurde.
 
Von Hartmut Engelbrecht , Wermelskirchener Generalanzeiger, 4.02.2008
 
   

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Liebesversprechen endet in Katastrophe
Roland Schimmelpfennigs Tragödie "Die Frau von früher" mit Spitzenbesetzung auf der "Kleinen Bühne" Weiden

Weiden. Eine Familie im Aufbruch. Umzugskartons verstreut in einer leeren Wohnung. Abschied und Bangen vor einer neuen Zukunft. Und mitten hinein platzt eine Frau, die beim Hausherrn dessen Versprechen von ewiger Liebe einlösen will, das er ihr vor 24 Jahren gab.
 
Die "Kleine Bühne" Weiden konfrontierte ihre Zuschauer in der Max-Reger-Halle mit einer grotesken Situation, die eigentlich nur mit einer Katastrophe enden kann. Leslie Malton mimt die in provozierendem Rot auftretende Romy Vogtländer, die gegen alle Regeln des Lebens den Geliebten ihrer Jugend einfach nur beim Wort nimmt. Ehemann Frank, gespielt von Felix von Manteuffel, wehrt sich nach Kräften. Und Ehefrau Claudia, die von Julia Jaschke verkörpert wird, kann nur mit Eifersucht und Hysterie reagieren und mit einem Ultimatum.
 
Auch der Sohn
 
Was Vater und Mutter nicht wissen: Sohn Andy (Alexander Wipprecht) gibt seiner Freundin Tina, deren Rolle Gundula Niemeyer übernommen hat, dasselbe Versprechen, das der Vater seiner damaligen Geliebten gab, obwohl er weiß, dass es für ihn und das Mädchen der letzte Abend sein wird. Romy hält sich dann auch an ihn. Der verrückte, surreale Konflikt endet in der Katastrophe. Autor Roland Schimmelpfennig, der in seinen Stücken als sensibler Alltagsbeobachter soziale Orientierungslosigkeit und ihre Auswirkung auf private Konflikte darstellt, erzählt die Geschichte so wie sie ist: Immer wieder zeitversetzt und wie eine Reihe von Collagen. Zeit scheint in solchen Situationen ohnehin aufgehoben, die Betroffenen geraten in eine Zeitmaschine, in der Jahre der Trennung nichts mehr sind, Jugendschwüre sich mit der Realität des Danach vermischen, Logik, Gefühl, Hoffnungen und Grausamkeiten sich zu einem Gordischen Knoten eindrehen. Manteuffel, der auch Regie führte, konnte auf alles Beiwerk verzichten, die Figuren wirken in ihrer Präsenz und Aussage. Es gelingt ihm in dieser Inszenierung, die im Grunde ungeheuerliche Banalität bewusst zu machen, aber auch die Hilflosigkeit der Handelnden.
 
In diesem Stück wird bereits verpacktes Leben wieder aufgerissen, werden die Inhalte ans Licht gezerrt. Die Vergangenheit wird Gegenwart nicht nur durch das Erscheinen der früheren Geliebten, sondern auch auch durch Wiederholung des Problems in der nächsten Generation. Denn offensichtlich handelt es sich wie so oft, wenn es um Liebe geht, um einen archetypischen Konflikt, in dem der Mensch alles hofft, alles zu geben bereit ist, und alles verlieren kann. Und auf dem Weg liegen die gnadenlosen Offenbarungen, die Enthüllungen geheimer Entfremdung, die wie Nut zu Feder in plötzlich aufbrechende Perspektiven zu passen scheinen.
 
Liebe und Tod
 
Schillers Satz "Denn was verschmerzte nicht der Mensch" gilt in solchen Situationen wohl nur sehr eingeschränkt. Häufig genug ist die Alternative zur Liebe der Tod, nirgendwo anders ist Erfüllung so ungeheuer groß und der Absturz so katastrophal.
 
Die Zuschauer, sichtlich betroffen, dankten den glänzenden Darstellern mit langem Applaus.
 
Von Rudolf Barrois, Oberpfalznetz - Der Neue Tag, 14.03.2008
 
   

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Mit dem Lächeln der Medea
Die Inszenierung "Die Frau von früher" zeigte das hässliche Gesicht der Liebe und provozierte durch psychopathische Spielchen tiefe Betroffenheit

Lippstadt. "Das Glück eines verheirateten Mannes hängt von den Frauen ab, die er nicht geheiratet hat", behauptet der englische Schriftsteller Oscar Wilde. Auf drastische Weise unterstrich das Stück "Die Frau von früher" a Donnerstag im Stadttheater diese These. Die Theatergastspiele Kempf zeigten das Schauspiel von Roland Schimmelpfennig in einer Inszenierung des Grimme-Preisträgers Felix von Manteuffel.
 
Ursprünglich ein Auftragswerk für das Burgtheater Wien, eroberte die Geschichte um Liebe mit Absolutheitsansprüche, ernüchternde Alltäglichkeit und Familienmord die deutschsprachigen Bühnen und wird mit großem Erfolg auch in Melbourne und London aufgeführt.
 
Frank und Claudia, seit 19 Jahren ein Ehepaar, packen. Gemeinsam mit Sohn Andi (toll: Alexander Wipprecht) wollen sie einen neuen Lebensabschnitt in einem anderen Land beginnen. Doch Andi erlebt gerade mit Tina (großartige Bühnenpräsenz: Gundula Niemeyer) seine erste große Liebe. Er schwört ihr ewige Treue, obwohl er weiß, dass sich die beiden nie wieder sehen werden.
 
Mitten in den Umzug platzt Roma. Im roten Mini-Trenchcoat und mit dem unheilvollen Lächeln einer Medea fordert sie von Frank die Einlösung des Liebesschwurs, den er ihr vor 24 Jahren gab. "Wir waren ein Paar damals u d wir sind es noch heute." Um diese groteske Behauptung webt sich ein dichtes atmosphärisches Netz, in welchem Lebenslügen eingefangen werden und Romy, einer schwarzen Witwe gleich, nach und nach den Tod der anderen Protagonisten herbeiführt.
 
Ein Glücksgriff in der Besetzung der Hauptrollen waren Felix von Manteuffel als sich windenden Schwächling Frank und die mehrfach preisgekrönte Leslie Malton als psychisch gestörte Ex-Geliebte Romy. Zusammen mit einer hervorragenden Julia Jaschke als eifersüchtige Ehefrau Claudia rangen die Darsteller in der kalten Atmosphäre einer fast leeren und von nackten Glühbirnen erleuchteten Bühne zwischen ein paar Umzugskartons um Wahrheit und deren Umsetzung.
 
Sensibles Spiel mit Zeitsprüngen
 
Durch ein sensibles Spiel mit Zeitsprüngen und Handlungsbrüchen zeigte Manteuffel immer wieder verschiedene Perspektiven und Stimmungen derselben Sequenzen auf, Die Darstellung des Gegensatzes zwischen er- und verlebter Beziehung und krankhaft konstruierter Realität verstörte und machte Betroffen.
Die Vergänglichkeit der Liebe im täglichen Einerlei und das krampfhafte Festhalten an längst vergangenen Gefühlen wurden durch intensive und psychologisch ausgefeilte Darstellung der Schauspieler fast mit Händen greifbar.
 
Als Romy dann die Wut auf die verlorenen Jahre und die Enttäuschung über den treulosen Ex-Geliebten auf dessen Sohn projizierte und diesen mit einer Plastiktüte erstickte, warf der Todeskampf des Jungen nicht nur viele Fragen auf, sondern schockierte als letzte Konsequenz eines psychopathischen Hirns das Publikum. Ähnlich wie die Medea der griechischen Mythologie beseitigte "die Frau von früher" die störenden Elemente ihrer Scheinwelt. Auch der Feuertod der Nebenbuhlerin durch ein präpariertes Geschenk stellte eine Parallele zur Sagenwelt der alten Griechen dar.
 
Die Metapher vom hässlichen Gesicht der Liebe wirkt bis heute. Das Stück hatte kein Happy-End, konnte es nicht haben. Es beantwortete keine Frage - im Gegenteil. Als Romy die Bühne verließ, nahm sie die Selbstverständlichkeit unseres Alltags mit sich. Das war Gegenwartstheater auf höchster Ebene. Großer Applaus.
 
Lippstadt, Der Patriot, 16.02.2008, te
 
   
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Vorgespult, zurückgespult, nochmal gespielt
Roland Schimmelpfennig packendes Spiel mit der Zeit: "Die Frau von früher" im Theater Hameln

Hameln. Es beginnt mit einer überraschenden Wendung, ehe man ahnt, dass es eine überraschende Wendung ist. Im Bühnenbild aus kahlen Wänden und dünnen Holztüren baumelt eine nackte Glühbirne, verharren gepackte Umzugskisten der Dinge, die da kommen. Und die wirken zwar zunächst komödiantisch, stellen sich jedoch schnell als überraschend, spannend, gar explosiv heraus.
 
"Die Frau von früher", eine Auftragsarbeit Roland Schimmelpfennigs für das Burgtheater Wien im Jahr 2004, die erstmals auf Tournee ist, zeigten die Theatergastspiele Kempf am Mittwochabend im überaus gut besuchten Theater. Am Ende - unverdient - enden wollender Beifall für ein packendes Stück über Sein und Schein, das zudem mit Leslie Malton und Felix von Manteuffel (Regie) hochkarätig besetzt ist.
 
Prägnante Momente wiederholen sich
 
Die originelle Handlung: Es klingelt und Romy (brillant: Leslie Malton) steht vor der Tür. "Wie waren ein Paar und wir sind ein Paar", sagt sie zu Frank (von Manteuffel), dabei ist sie weder geisteskrank noch verwirrt. Sie hat ein Leben voller Trennungen hinter sich und in den vergangenen 24 Jahren nur einen Mann kennengelernt, der ist wie Frank: Frank. Und eben diese Liebe eines Sommers erinnert sich kaum mehr an Romy, die als feuerrote Versuchung in die Aufbruchstimmung platzt und sprengt, was schon längst tiefe Risse hat.
 
Da ist Claudia (Julia Jaschke), die verbrauchte Ehefrau, die entweder im grünen Bademantel faucht oder im lindgrünen Kostüm um ihre Ehe bangt. Andi (Alexander Wipprecht), der mit Graffiti-Tags sein Revier markiert wie ein inkontinenter Hund, während er die junge Liebe zu seiner Freundin verrät. Gundula Niemeyer als Tina, seine (Ex?-)Freundin, die - ganz in Weiß - vielmehr die Erzählerin mimt als eine mündige Figur. Und Frank, der diese Menschen, seine Familie nennt, obwohl sein Herz nicht an ihnen hängt.
 
Überragend: In problemlos verdaulichen Episoden hat Schimmelpfennig, der zurzeit meistgespielte Gegenwartsdramatiker Deutschlands, sein Stück unterteilt. Prägnante Momente wiederholen sich, um den weiteren Verlauf der Handlung anzukündigen. Innerhalb weniger fiktiver Stunden wird immerzu vor- und zurückgespult. Eine Ohrfeige bekommt Frank sogleich in der ersten Szene - dieselbe in der erweiterten zweiten Szene noch einmal. Es ist ein Puzzlespiel mit der Zeit und zugleich gegen sie, das die Dramatik zuspitzt. Ein mörderisches Gemisch aus antiker Tragödie und heutiger Alltagsproblematik - einer der Höhepunkte dieser Spielzeit.
 
DEWEZET Kultur, 2.Februar 2008, von Julia Marre
 
   
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Frau von früher rächt leere Schwüre
Hervorragende schauspielerische Ensemble-Leistung

GIFHORN. Vielleicht hatte der eine oder andere unter den Zuschauern eine typische Boulevardkomödie erwartet und sich auf einen lustigen Krimi mit TV-Stars wie Leslie Malton oder Felix von Manteuffel sowie Julia Jaschke, Alexander Wipprecht und Gundula Niemeyer gefreut. Und dann das: ein Schauspiel. Mit einer anspruchsvollen, interessanten Regiearbeit.
 
Zur Handlung des Stücks: Jugendliebe Romy (Malton), der Frank (von Manteuffel) einst schwor, sie ewig zu lieben, steht nach 29 Jahren Trennung unvermittelt vor der Tür der Familie mit Ehefrau Claudia (Jaschke) und Sohn Andi (Wipprecht), der unsterblich in Tina (Niemeyer) verliebt ist. Romy bringt die zur Routine gewordene Ehe von Frank und Claudia völlig durcheinander und rächt sich brutal für die leeren Versprechungen sowohl des vormaligen Geliebten als auch dessen Sohns: Sie bringt Andi und Claudia um.
 
Interessant waren die Zeitsprünge in der Handlung: Einzelne Sequenzen wurden nochmals in der Rückblende gezeigt. Hier bewies sich allerdings die große schauspielerische Qualität aller Akteure. Starker Applaus.
 
Aus: Gifhorner Rundschau, 28.01.2008, von Dieter Prüschenk
 
   
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Plötzlich steht die Ex in der Tür
Das Stück "Die Frau von früher" in der Kamp-Lintforter Stadthalle: Drei Menschen in einem spannenden Beziehungsgeflecht.

MOERS. "Dieser Mann war vor 29 Jahren meine große Liebe. Wir waren ein Paar damals und wir sind es noch heute". Ein Satz, der die Eheleute Frank und Claudia völlig aus der Bahn wirft, denn er wird von einer fremden Frau gesprochen, die plötzlich, kurz vor dem Umzug, in ihrer Türe steht: Romy Vogtländer, Franks Jugendliebe. Dies spielte sich auf der Bühne der Kamp-Lintforter Stadthalle ab, als Roland Schimmelpfennigs "Die Frau von früher" zur Aufführung kam.
 
Alte Liebe zurückgefordert
Wie eine Erscheinung steht Leslie Malton (Romy) im knallroten Mantel da. Die Schauspielerin glänzt mit unglaublicher Bühnenpräsenz. Stets kühl, aber mit gewinnendem Lächeln, raffiniert und furchtlos fordert sie ohne Vorbehalt ihre Liebe zurück.
Ein Drehelement des Bühnenbildes vermittelt zwischen dem Drinnen und dem Draußen. Rück- und Vorschauen, die auf einer digitalen Tafel angezeigt werden. Die Frauen, die wirklich lieben, muten in der Inszenierung fast wie im Wahn, doch sehr menschlich.
 
Die Sprache grenzt an Lyrik, jedes Wort sorgsam gewählt. Gerade die nacherzählte Aktion macht den Reiz des Stückes aus. Trotz der äußerst aufregenden Handlung ist das Bühnengeschehen von einer fast beängstigenden Ruhe und Stille geprägt. Die Nerven bis zum Bersten gespannt.
 
Felix von Manteuffel markiert einerseits den Ruhepol des Figurenensembles, und doch sind seine Wutausbrüche sowie die innere Zerrissenheit lebensecht. Als Regisseur und Darsteller besonders gefordert, lobt er "das tolle Team" und erzählt, es bedeute "unheimliche Konzentration" zwischen Kollegen- und "Regisseurblick" umzustellen.
 
Die entsetzte Ehefrau
Alexander Wipprecht (Andy) brilliert mit einer Mischung aus jugendlicher Naivität, Leichtfertigkeit und Unsicherheit. Besonders in der phantastischen Schilderung seiner Freundin als Wald beweist er schauspielerische Klasse.
Julia Jaschke schlüpft perfekt in die Rolle der entsetzten Ehefrau.
 
"Es geht um eine Frau, die aus den Konventionen und Kompromissen ausbricht und bedingungslos etwas zurückfordert," so Manteuffel. Ein bitteres Ende und ein bereichertes, nachdenkliches Publikum.
 
Von Leonie Viola Thöne
NRZ, 24.01.2008

 
   
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Ein flüchtiges Wort öffnet
die unheilvolle Büchse der Pandora

"Die Frau von früher" in Kurhaus

Autor Roland Schimmelpfennig ist in Augsburg als Dramatiker recht präsent. In der Inszenierung von Felix Manteuffel erlebten die Zuschauer einen Krimi über einen möglichen Abgrund menschlichen Daseins.
 
Dramaturgisch ist das Stück mit ständigen Zeitwechseln in kurzen Szenen spannend angelegt. Es geht im Minutentakt vorwärts und rückwärts. So erschließt sich wie beim Puzzle das teils bereits gesehene Geschehen erst nach und nach. Genau so erlebt Frank, überzeugend in seiner Verstörung und lethargischen Verwunderung, den Eindringling.
 
Romy gibt die unberechenbare Psychopathin, dass es einem manchmal fast Angst werden kann. Das Wort kommt voll zu seinem Recht, da von Manteuffel in seiner psychologisch stimmigen Inszenierung jegliche überflüssige Ausstattung weglässt. Die Sympathie liegt bei der sehr glaubwürdig agierenden aufgebrachten Ehefrau Claudia.
 
(gwen)
Augsburger Allgemeine, 22.01.2008

 
   
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